Marathon: Essen / Ernährung im Training

von Reiner Semmel

Du hast den ehrgeizigen Trainingsplan konsequent durchgezogen und beim Marathon selbst die perfekte Laufstrategie verfolgt? Trotzdem hast du die neue Bestzeit nicht erreicht, vielleicht sogar schlechter abgeschnitten als beim letzten Lauf? Das könnte daran liegen, dass du deiner Marathon Ernährung in der Vorbereitung nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt hast. Denn neben dem richtigen Training sorgt vor allem eine optimale Versorgung mit Nährstoffen für bessere Laufzeiten und neue persönliche Rekorde.

Ernährung: Wie ernährt sich ein Ausdauersportler?

Bei Ausdauersportarten kommt es darauf an, über lange Zeit eine moderate sportliche Leistung zu erbringen – anders als beim Kraftsport, wo oft nur wenige Sekunden lang volle Leistung gebraucht wird. Diese unterschiedlichen Anforderungen spiegeln sich nicht nur im Training, sondern auch in der Ernährung für die jeweiligen Disziplinen wider.

Wichtigster Energielieferant während eines Marathons ist das sogenannte Glykogen. Diesen Speicherstoff legt der Körper in gewisser Menge in der Leber und der Muskulatur an. Im Gegensatz zu den Fettreserven können die Zellen Glykogen deutlich schneller mobilisieren. Der Abbau und die Bereitstellung der darin enthaltenen Energie beginnen bereits kurz nach dem Loslaufen. Zum Vergleich: Die Bereitstellung von Energie aus Fett legt erst nach etwa zehn Minuten so richtig los und ist auch weniger ergiebig.

Zur Herstellung der sogenannten tierischen Stärke (Glykogen) benötigen die Zellen vor allem Traubenzucker (Glucose) und Wasser. Daher empfehlen Experten Ausdauersportlern eine kohlenhydratreiche Kost. So steht immer genug Material zur Synthese von Glykogen zur Verfügung.

Wie lange muss ich mich auf einen Marathon vorbereiten?

Die Ernährung ist nicht nur beim Marathon selbst, sondern auch bereits im Training von großer Bedeutung. In den acht bis zwölf Wochen intensiver Vorbereitung für deinen Marathon sind Disziplin und ein durchdachter Ernährungsplan ebenso wichtig wie die Trainingseinheiten selbst. Der Grund dafür ist einfach: Nur wenn der Körper für jede einzelne Trainingseinheit und die darauf folgende Ruhepause die richtigen Ressourcen zur Verfügung hat, stellt sich der größtmögliche Trainingseffekt ein. Mehr zur Gestaltung eines Marathon-Trainingsplans erfährst du hier.

Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

Die meisten Hobbysportler und Läufer sind ausreichend versorgt, wenn sie sich nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ernähren. Die im Ernährungskreis der Gesellschaft dargestellte Auswahl der Lebensmittel bietet in der Regel ausreichend komplexe Kohlenhydrate und Mikronährstoffe. Vorteilhaft ist, dass die Orientierung an den Richtlinien der DGE simpel ist und nicht viel Zeit benötigt. So hast du mehr Ressourcen frei, um dich um das eigentliche Training zu kümmern. Vor allem bei regelmäßig hohen Trainingsbelastungen kann mit der Zeit aber ein Defizit an Kohlenhydraten entstehen. Dann nimmt die Leistungsfähigkeit kontinuierlich ab. In einem solchen Fall, oder wenn du deine Ernährung einfach gerne perfekt gestalten willst, solltest du deinen Bedarf an Kohlenhydraten genauer bestimmen.

Angepasste Kohlenhydratzufuhr: Wie ernähren sich Marathonläufer?

Aufwendiger, aber auch genauer als die Richtlinien der DGE ist es, die Zufuhr an Kohlenhydraten an das Trainingsvolumen anzupassen. Carlsohn et al. nennen hier folgende Empfehlungen für die tägliche Menge an Kohlenhydraten (alle Werte in Gramm pro Kilogramm Körpergewicht):

  • 5-7 g/kg: trainingsfreie Tage, Regenerationsläufe mit niedriger Intensität
  • 7-10 g/kg: moderate bis intensive Trainingseinheiten mit einer Länge von 1 bis 3 Stunden
  • 10-12 g/kg: Läufe und Trainingseinheiten mit einer Dauer von mehr als 4 Stunden

Wer sich an diesen Werten orientiert, sollte aber unbedingt auch die gesamte Energiezufuhr im Auge behalten. Ein Kalorienüberschuss mag sich zwar kurzzeitig mit einer besseren Trainingsleistung bemerkbar machen. Langfristig schaden zu viele überflüssige Pfunde aber den Laufzeiten – und natürlich der Gesundheit.

Brauche ich als Läufer besonders viel Protein?

Anders als Kraftsportler müssen Läufer nicht darauf achten, so viel Protein wie möglich zu sich zu nehmen. Die bei Ausdauerleistungen beanspruchte Muskulatur wächst nämlich nicht im eigentlichen Sinne. Die Muskeln bleiben schmal und athletisch. Sie passen sich nur im Inneren und bezüglich ihres Stoffwechsels an die regelmäßigen Reize im Training an. Dafür benötigen sie aber nur wenig Protein.

Im Gegensatz zu Nicht-Sportlern haben Läufer aber trotzdem einen gesteigerten Eiweiß-Umsatz. Das liegt daran, dass durch das Training Schäden an der Muskulatur und den Zellen entstehen, die immer wieder repariert werden müssen. Idealerweise nimmst du daher zehn bis 15 Prozent deiner Energie in Form von Protein zu dir. Dabei spielt aber nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität eine wichtige Rolle. Orientiere dich hier am besten an der sogenannten Wertigkeit der Proteine. Je höher sie ist, desto besser kann dein Körper die Eiweißquelle zur Herstellung körpereigener Proteine und Botenstoffe nutzen.

Mikronährstoffe – ein unterschätzter Faktor

Mit dem Energiebedarf steigt üblicherweise auch die benötigte Menge an Mineralstoffen und Vitaminen. Dafür verantwortlich ist einerseits, dass sie wichtig für die Verdauung sind. Andererseits braucht der Körper sie aber auch, um sich vom Training zu erholen. Wer sich abwechslungsreich mit frischen und natürlichen Lebensmitteln ernährt, braucht Mangelerscheinungen nicht zu fürchten. Praktische Einkaufstipps findest du im Ratgeber des Olympischen Sportbunds. Der Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln ist meist nicht nötig. Setze diese nur gezielt gegen auftretende Beschwerden wie Krämpfe oder Muskelzittern ein.

Ernährung für Marathonläufer: Das richtige Timing

Vor und während des Marathons, aber auch schon in der Vorbereitung ist nicht nur wichtig, was du isst, sondern auch, wann du es isst. Je nachdem, welche Hormone gerade im Blut zirkulieren und welche Stoffwechselvorgänge gerade angeregt sind, kann der Körper Nährstoffe nämlich unterschiedlich gut aufnehmen und verwerten. Machst du dir das bei der Planung deiner Mahlzeiten zunutze, kannst du nicht nur mehr Energie einlagern, die später zu mehr Leistung führt, sondern auch deine Regeneration beschleunigen.

Was esse ich vor dem Training?

Sind deine Glykogenspeicher durch eine kohlenhydratreiche Ernährung gut gefüllt, musst du dir um die Energiezufuhr vor dem Training keine Gedanken machen. Ob du vor dem Training zusätzlich etwas isst, macht sich in Sachen Leistung meist kaum bemerkbar. Einige Wissenschaftler vertreten sogar den Standpunkt, dass es vorteilhaft sein kann, nicht immer mit gut gefüllten Speichern zu trainieren (Hawley et al, 2007). Der dadurch entstehende Reiz könnte sich positiv auf die Energiegewinnung aus Fett auswirken. Diese Fragestellung ist aber noch nicht ausreichend erforscht.

Wichtig ist auf jeden Fall, den Verdauungsapparat vor einer intensiven sportlichen Anstrengung nicht zu sehr zu belasten. Bestimmt kennst du das Gefühl, wenn dir die letzte Mahlzeit beim Laufen noch schwer im Magen liegt. Das ist nicht nur unangenehm, sondern vermindert auch die Leistungsfähigkeit. Schließlich muss der Körper einen Teil seiner Energie auf Verdauungsprozesse aufwenden. Blut, das eigentlich für den Sauerstofftransport in die Muskeln gebraucht würde, wandert stattdessen in Magen und Darm. Achte daher darauf, mit eher leerem Magen loszulaufen. Dafür sollte die letzte größere Mahlzeit drei bis vier und der letzte Snack ein bis zwei Stunden her sein.

Was essen am Morgen vor dem Marathon?

Am besten testest du im Training aus, welche Nahrungsmittel du kurz vor einem anstrengenden Lauf gut verträgst. Denn am Wettkampftag solltest du nicht experimentieren. Gerade wenn es dein erster größerer Lauf ist, wird dir die Aufregung bestimmt auf den Magen schlagen. Daher ist es ganz besonders wichtig, dass du deine Verdauung nicht zusätzlich belastest.

Viele erfahrene Läufer und Experten empfehlen als Frühstück vor dem Marathon Porridge oder Müsli. Beides hat eine gute Mischung aus einfachen und komplexen Kohlenhydraten mit etwas Eiweiß und Fett. So kommt dein Stoffwechsel optimal in Fahrt, um später Höchstleistungen zu vollbringen. Für das Frühstück am Marathon-Tag gilt aber das gleiche wie für das Essen vorm Training: Weniger ist oft mehr.

Was essen nach dem Training?

Wichtiger als die Mahlzeit vor dem Training ist die Nährstoffzufuhr danach. Direkt nach einer intensiven Belastung produziert der Körper nämlich besonders schnell und viel Glykogen, um die vorherigen Verluste wieder auszugleichen. Das funktioniert aber nur, wenn ausreichend Materialien verfügbar sind. Daher solltest du so bald wie möglich nach dem Training etwas essen. Diese Mahlzeit besteht am besten zum Großteil aus komplexen Kohlenhydraten. Diese werden nämlich versetzt freigesetzt, sodass dem Körper über die nächsten Stunden genug Glucose zur Verfügung steht. Geeignet sind zum Beispiel Vollkornbrot, Reis, Vollkornnudeln oder Porridge.

Die Menge sollte etwa einem bis 1,2 Gramm Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht entsprechen. Für einen 80 Kilo schweren Mann entspricht das etwa 125 Gramm Reis oder Nudeln oder 150 Gramm Haferflocken. Achte außerdem darauf, genug zu trinken. Schließlich musst du Flüssigkeitsverluste durch Schweiß ausgleichen, und der Körper benötigt Wasser zum Aufbau neuen Glykogens.

Quellen

  • Carlsohn, A., Mayer, F. (2010), Ernährung im Ausdauersport, in: Aktuelle Ernährungsmedizin, Bd. 35, Nr. 04, S. 173-177
  • Colombani, P., Energiebilanz am Marathon – Wie viel Glykogen braucht es?, https://www.fitforlife.ch/artikel/energiebilanz-am-marathon/ (abgerufen am 04.08.2020)
  • Friedrichsen, H.-P. (2016), Individuelle Ernährungssteuerung und Nährstoffsubstitution zur Leistungssteigerung im Sport Teil 1, in: Zeitschrift für orthomolekulare Medizin, Bd. 37, Nr. 03, S. 7-12
  • Hawley, J. A., et al. (2007), Innovations in athletic preparation – Role of substrate availability to modify training adaptation and performance, in: Journal of Sports Sciences, Volume 25, Issue sup1, pp. 115-124
  • König, D., Deibert, P., Berg, A. (2006), Kohlenhydrate als Energieträger im Sport und ihr Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, in: Aktuelle Ernährungsmedizin, Bd. 31, Nr. 3, S. 89–95
  • Pokan, R., Förster, H., et al. (2004), Kompendium der Sportmedizin, Springer, https://link.springer.com/book/10.1007%2F978-3-7091-3781-9 (abgerufen am 04.08.2020)

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