Ergogene Substanzen im Sport

von Reiner Semmel

Unter ergogenen Substanzen versteht man im Sport Nahrungsmittel und einzelne Nährstoffe, die eine leistungssteigernde Wirkung haben sollen. Zulässig sind natürlich nur Mittel, die nicht auf der Dopingliste der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) oder des jeweiligen Sportverbands stehen.

Ergogene Substanzen: Was ist das?

Bei ergogenen Substanzen kann es sich um für den Körper essentielle Nährstoffe wie essentielle Fett- und Aminosäuren, Mineralstoffe und Vitamine handeln. Aber auch Eiweiße und Enzyme, die der Körper selbst herstellen kann, können durch gezielte Supplementierung leistungssteigernd wirken. Potentiell ergogene Substanzen sind:

  • Aminosäuren: Arginin, Ornithin, Glutamin, Tryptophan, BCCAs
  • Fettsäuren: Konjugierte Linolsäuren, Omega-3-Fettsäuren
  • Pflanzenextrakte, insbesondere Koffein und andere anregende Stoffe
  • Mineralstoffe
  • Vitamine und Provitamine
  • Coenzyme wie Q-10
  • Körpereigene Eiweiße: L-Carnitin, Kreatin, Inosin

Die unterschiedlichen Wirkmechanismen ergogener Substanzen

Die große Vielzahl potentieller oder erwiesener ergogener Substanzen wirkt über unterschiedliche Prozesse und Signalwege leistungssteigernd. Dazu gehören insbesondere:

  • Vergrößerung der körpereigenen Energiereserven
  • Beschleunigung der Energiegewinnung
  • Unterstützung des Muskelaufbaus und anderer trainingsbedingter Anpassungen
  • Unterstützung der Regeneration und Reparatur von sportbedingten Zellschäden

Ergogene Substanzen im Überblick

Hersteller von Sportnahrung sowie verschiedene Ratgeber propagieren eine Vielzahl unterschiedlicher ergogener Substanzen als wirkungsvoll und für Training und Leistung hilfreich. Auch wenn Stoffe eine wichtige Rolle im Energie- oder Zellstoffwechsel spielen, ist die Einnahme dadurch nicht automatisch leistungssteigernd. Nicht in jedem Fall sind Werbeversprechen der Hersteller für das Einnehmen der jeweiligen ergogenen Substanzen tatsächlich wissenschaftlich nachgewiesen.

Einzelne Aminosäuren

Insbesondere im Bodybuilding werden einzelnen Aminosäuren positive Auswirkungen auf die Trainingsleistung, Hypertrophie und Regeneration nachgesagt. Viele dieser Effekte sind wissenschaftlich umstritten oder konnten nur unter besonderen Bedingungen nachgewiesen werden. Dazu gehören auch die den BCAAs zugeschriebenen Effekte.

Koffein

Koffein ist wahrscheinlich die weltweit bekannteste stimulierende und dadurch auch ergogene Substanz. Es regt vor allem das Nervensystem an. Durch erhöhte Wachheit, Reaktionsgeschwindigkeit und Ermüdungsresistenz wirkt es auch leistungssteigernd. Gleichzeitig unterdrückt Koffein das Hungergefühl, was insbesondere während einer strengen Diät hilfreich sein kann.

Trotz seiner leistungssteigernden Wirkung und potentieller Nebenwirkungen wie Unruhe, Herzrasen oder Übelkeit zählt Koffein nicht zu den verbotenen Dopingsubstanzen. Manche Verbände legen aber Höchstwerte fest, um einen gesundheitsschädlichen Missbrauch der ergogenen Substanz zu verhindern.

Kreatin

Kreatin gehört zu den wenigen ergogenen Substanzen, deren Wirksamkeit gut erforscht und auch belegt ist. Es spielt vor allem für Krafttraining und Wettkämpfe eine große Rolle, weil es die Energiebereitstellung bei kurzen, aber intensiven Belastungen verbessert. Durch einen erhöhten Kreatingehalt in den Muskeln kann mehr ATP – an dieses gebunden – im Muskel lagern. Gleichzeitig wird die Regeneration von ATP aus ADP beschleunigt.

L-Carnitin

L-Carnitin wird besonders häufig zum Abnehmen und für eine bessere Fettverbrennung eingenommen. Es handelt sich bei dem Protein um ein Transportmolekül, das Fettsäuren hilft, die Zellmembran der Mitochondrien zu passieren. Erst dort werden sie zu Energie, die die Muskeln nutzen können, verstoffwechselt.

Der menschliche Körper kann L-Carnitin selbst synthetisieren und es über die Nahrung aufnehmen. Es ist vor allem in Fleisch enthalten. Dass sich eine hochdosierte Einnahme von L-Carnitin tatsächlich positiv auf die Muskelleistung oder Fettverbrennung auswirkt, konnte bisher aber noch nicht belegt werden.

Literatur

  • Braun, H., Breuer, C., Geyer, H., Osterkamp-Baerens, C., Scheiff, A., Schek, A. et al. (2014): Nahrungsergänzungsmittel, 1. Aufl, Hg. v. Deutscher Olympischer Sportbund, Frankfurt am Main, online verfügbar unter cdn.dosb.de/user_upload/Leistungssport/Dokumente/NEM_Broschuere-web_14-7-2014_Doppelseitig.pdf, zuletzt geprüft am 28.09.2020
  • Brosnan, M. E., Brosnan, J. T. (2016): The role of dietary creatine, in: Amino acids 48 (8), S. 1785–1791, DOI: 10.1007/s00726-016-2188-1
  • Chopra, M. et al.: "Isoflavone und L-Carnitin - Mehr Risiko als Nutzen" Pharmazeutische Zeitung 26/2010

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