Aerobes Training Laufen - Ausdauertraining für den Marathon

Eins ist klar: Beim Ausdauertraining für den Marathon handelt es sich um die Ausdauerdisziplin schlechthin. Nicht in vielen anderen Sportarten musst Du so lange am Stück durchhalten und dabei so viel Leistung wie möglich erbringen. Natürlich ist das Training für den Marathon genau an diese Anforderungen angepasst. Hier erkläre ich Dir, was Ausdauer eigentlich genau bedeutet, wie Du sie trainieren kannst und was das für dein Marathontraining bedeutet.

Ausdauer – was heißt das eigentlich

Unter Ausdauer versteht man die Widerstandsfähigkeit des Organismus gegen Ermüdung sowie die schnelle Regenerationsfähigkeit nach einer Belastung (Definition nach Hohmann, Lames, Letzelter, Einführung in die Trainingswissenschaft). Theoretisch kann der Begriff daher nicht nur in Bezug auf Sport verwendet werden. Unser Hauptaugenmerk liegt aber auf der Ausdauer im Bereich Marathonlauf.

Sportwissenschaftler zählen die Ausdauer neben Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit zu den grundlegenden motorischen Fähigkeiten des Menschen. Ebenso wie alle anderen Eigenschaften ist sie trainierbar. Je besser die Ausdauerfertigkeit ausgeprägt ist, desto:

  • länger kann eine bestimmte Intensität (beim Marathon eine gleichmäßige Geschwindigkeit) aufrechterhalten werden, ohne dass man erschöpfungsbedingt abbrechen muss
  • intensiver kann man sich eine bestimmte Zeit lang bewegen (jemand mit hoher Ausdauer kann in einer Stunde eine längere Strecke zurücklegen und somit schneller laufen als jemand mit einer geringen Ausdauer)

Prinzipiell erfordert jede Bewegung ein Mindestmaß an Ausdauerfähigkeit. Beim Spazieren gehen ein Bein vor das andere zu setzen und dadurch voranzukommen erfordert die Arbeit der Bein- und Rumpfmuskulatur und die dafür nötigen Stoffwechselprozesse. Auch die nötige Energie muss der Körper zur Verfügung stellen können. Da es sich dabei um geringe Ausdauerbelastungen handelt, nehmen wir diese im Alltag gar nicht als solche wahr. Unsere Ausdauerfähigkeit ist weit genug ausgebaut, dass wir diese mühelos bewältigen. Im umgangssprachlichen Bereich sprechen wir vor allem dann von Ausdauerbelastungen, wenn es um sportliche Herausforderungen, wie beispielsweise eben einen Marathon, geht.

Die unterschiedlichen Formen der Ausdauer

Ausdauer ist ein Überbegriff, der verschiedene Unterarten vereint. Du benötigst sowohl bei einem 10 Kilometer-Lauf als auch bei einem Marathon oder Ultramarathon Ausdauer – aber nicht immer exakt die gleiche, schließlich unterscheiden sich die Distanzen und somit die Anforderungen an Geschwindigkeit und Durchhaltevermögen. Die Einteilung von Ausdauer kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Am wichtigsten ist beim Laufen die Unterscheidung nach Art der Energiebereitstellung in anaerobe und aerobe Ausdauer.

Anaerobe Ausdauer

Die anaerobe Ausdauer wird oft auch als Kurzzeitausdauer bezeichnet. Sie ist vor allem bei eher hohen Belastungen, die höchstens 10 Minuten anhalten von Bedeutung. Ihren Namen bekommt sie daher, dass die Energie bei dieser Ausdauerart vor allem ohne Sauerstoff (anaerob) gewonnen wird. Das liegt daran, dass der Teil des Zellstoffwechsels, der Sauerstoff zur Energieherstellung benötigt, eher langsam funktioniert.

Die Energiegewinnung während Phasen der anaeroben Ausdauer geschieht ausschließlich aus Kohlenhydraten. Diese werden in den Muskelzellen durch Glykolyse zu Lactat (Milchsäure) umgewandelt. Das ist jedoch nur bis zu einem gewissen Laktatgehalt möglich, weil die Zelle sonst übersäuert. Du spürst das manchmal durch das Brennen im Muskel nach einem langen Sprint. Mit Muskelkater hat die Laktatbildung aber übrigens überhaupt nichts zu tun. Sobald die Laktatbildung die Möglichkeiten der Muskelzellen zum Abbau der Milchsäure übersteigen, reichern sie sich mit Laktat an, bis Du schließlich nicht mehr kannst und langsamer wirst oder anhalten musst.

Beim Marathon ist die anaerobe Ausdauer nur dann von Bedeutung, wenn Du Dein Tempo kurzfristig erhöhen oder einen Endspurt hinlegen möchtest. Ansonsten zählt vor allem die aerobe Ausdauer. Auch wenn es sich theoretisch um zwei unterschiedliche Konstrukte handelt, treten beim natürlichen Laufen trotzdem fast immer beide Formen auf – nur in sehr unterschiedlichen Anteilen.

Aerobe Ausdauer

Die Energiebereitstellung im Rahmen aerober Ausdauerleistungen erfolgt vor allem durch die Oxidation mit Sauerstoff. Als Energiequelle dienen dabei sowohl Fettsäuren als auch Kohlenhydrate. Die aerobe Leistungsfähigkeit lässt sich am besten über die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) messen. Diese gibt an, wie viele Milliliter Sauerstoff ein Läufer pro Minute pro Kilogramm Körpergewicht zur Energiegewinnung nutzen kann. Je besser Deine aerobe Ausdauerfähigkeit trainiert ist, desto höher ist dieser Wert.

Zur idealen Sauerstoffverwertung im Körper muss dieser die damit zusammenhängenden Vorgänge optimieren. Typische Anpassungen an Marathontraining im Bereich der aeroben Ausdauer sind daher:

  • Vergrößerung des Herzmuskels: Herzschläge werden kräftiger und verteilen das Blut mit dem frischen Sauerstoff schneller im Körper; in der Folge sinkt der Ruhepuls
  • Verbesserung des Fettstoffwechsels: Fettsäuren werden durch höhere Verfügbarkeit entsprechender Enzyme schneller verstoffwechselt und machen einen größeren Anteil bei der Energiebereitstellung aus
  • Verbesserung der Glykogenausnutzung: Der Körper legt größere Reserven an Glykogen in den Muskeln an und kann schneller und besser darauf zugreifen und diese zur Energiegewinnung verwenden.

Neben diesen großen Anpassungen finden auch viele kleine Verbesserungen durch Ausdauertraining statt. Dieses regt beispielsweise die Bildung roter Blutkörperchen an, was ebenfalls den Sauerstofftransport verbessert. Auch die Gefäßwände reagieren auf das Training, indem sie lernen, sich schneller zusammenzuziehen oder zu weiten, um den Blutdruck ideal zu regulieren. Die Zahl an unterschiedlichen Faktoren für die Ausdauerleistung ist zu groß, um sie hier alle aufzuzählen.

Wichtige Begriffe im Bereich Ausdauer

Fachleute arbeiten im Bereich des Ausdauertrainings gerne mit einigen Fachbegriffen. Das ist vor allem wichtig, um das Training richtig zu dosieren und damit die erwünschten Anpassungen zu erzielen.

Trainingssteuerung

Die Trainingssteuerung dient dazu, die Belastung Deines Ausdauertrainings richtig zu dosieren. Die Intensität eines Laufes wird von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst: Wie schnell du läufst, ob du auf dem Laufband oder draußen läufst oder ob du Steigungen läufst – all diese Faktoren wirken sich darauf aus, wie anstrengend das Laufen ist. Dank einheitlicher Trainingssteuerung kannst Du die unterschiedlichen Belastungen objektiv miteinander vergleichen. Dabei kommt meist die Herzfrequenz zum Einsatz. Denn die Ausdauerbelastung ist dann gleich, wenn Dein Herz gleich viel Arbeit leisten muss.

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Anaerobe Schwelle

Experten bezeichnen den Punkt, an dem die Muskelzellen mehr Laktat durch anaerobe Leistungen anhäufen als sie abbauen können, als anaerobe Schwelle. Ausdauerleistungen in diesem Bereich können nur wenige Minuten durchgehalten werden. Mittels trainingsdiagnostischer Maßnahmen kann die anaerobe Schwelle einer bestimmten Herzfrequenz zugeordnet werden. Dann kannst Du Dich beim Training an diesem Wert orientieren. Marathontraining findet stets unterhalb der anaeroben Schwelle statt.

Ausdauertraining

Damit Dein Körper die entsprechenden Anpassungen vornimmt, musst Du mit dem richtigen Ausdauertraining die passenden Reize setzen. Denn nur, wenn du Deinen Körper regelmäßig etwas stresst und stupst, hat dieser einen Anreiz, sich noch weiter zu verbessern. Ohne Training verfällt deine bisher gewonnene Ausdauer sogar wieder. Regelmäßiges Ausdauertraining ist daher unerlässlich, damit Du Deine Leistungen verbessern und dich gut auf Deinen Marathon vorbereiten kannst.

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Im Laufe der Zeit haben Sportmediziner, -wissenschaftler und Trainier unzählige Trainingsmethoden für die Ausdauerfähigkeit entworfen. Dabei gibt es nicht das beste oder das effektivste Training. Jede Verfahrensweise hat ihre Vor- und Nachteile und trainiert einige Aspekte der Ausdauerfähigkeit besser als andere. Im besten Fall kombinierst Du daher unterschiedliche Arten des Ausdauertrainings. Dadurch steigt oft auch die Motivation, weil Du nicht immer und immer wieder das Gleiche machst.

Die Dauermethode

Die Dauermethode beim Ausdauertraining zeichnet sich dadurch aus, dass Du Deinen Körper über lange Zeit gleichmäßig belastest. Am einfachsten geht das mit einem Dauerlauf auf flacher Strecke bei gleichbleibender Geschwindigkeit oder, noch einfacher, auf dem Laufband. Wichtig ist jedoch, dass Du nicht jede Trainingseinheit im gleichen Tempo absolvierst. Je nach Intensität des Trainings, die Du über Deine Laufgeschwindigkeit steuern kannst, erzielst Du etwas andere Trainingseffekte:

  • Extensive Dauermethode: Intensität deutlich unterhalb der anaeroben Schwelle (50 -75 %), dafür lange Trainingseinheiten à verbessert vor allem den Fettstoffwechsel
  • Intensive Dauermethode: Intensität leicht unter oder an anaerober Schwelle (75-85 %), Dauer zwischen ½ und 2 Stunden à trainiert Herz-Kreislaufsystem und Glykogenausnutzung

Um Dein Marathontraining optimal steuern zu können, solltest Du am besten Deine maximale Herzfrequenz und Deine anaerobe Schwelle kennen. Die Intensität sollte mindestens 50 % Deiner maximalen Leistungsfähigkeit betragen, besser noch 55 – 65 %. Die anaerobe Schwelle solltest Du beim Marathontraining nicht überschreiten, weil Du sonst die falsche Art von Ausdauertraining betreibst.

Die Intervallmethode

Phasen hoher und mittlerer Belastung wechseln sich ab. Du läufst dabei beispielsweise drei Minuten ein langsames bis moderates Tempo und sprintest dann eine Minute so schnell, wie möglich. Intervalltraining wirkt sich besonders positiv auf die Erholungsfähigkeit aus und fordert Deinen Körper und Deine Ausdauer auf andere Weise als die Dauermethode.

Du brauchst sie vor allem, um Dich optimal auf bergige Strecken und den damit verbundenen unterschiedlichen Intensitäten vorzubereiten. Gleichzeitig hilft Dir die Intervallmethode auch, Deine Beinmuskulatur zu trainieren – und natürlich die aerobe Ausdauer. Je nach Intensität des Trainings, gemessen über Deine Herzfrequenz, hat Intervalltraining ähnliche Effekte wie die extensive oder die intensive Dauermethode.

Jan Fitschen, Marathon-Tipps

Quellen

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